Der fünfte Europäische Sozialfonds (1994-1999)
Ein strukturpolitisches Förderinstrument wird geschaffen und benachteiligte Menschen in den Arbeitsmarkt integriert
Im Juli 1993 verabschiedete der Rat die sechs Verordnungen über die Strukturfonds für die Förderperiode 1994-1999. Mit einem Budget von 141 Milliarden ECU für den Sechsjahreszeitraum - etwa einem Drittel des Gemeinschaftshaushaltes - stellten die Strukturfonds das Hauptinstrument zur Förderung von wirtschaftlichem und sozialem Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft dar.
Verglichen mit der grundlegenden Reform der Strukturfonds von 1988 wurden deutlich weniger weit reichende Änderungen vorgenommen. In den neuen Verordnungen kamen jedoch neue Förderregionen hinzu, wurden Programmvereinbarungen ergänzt und neue Maßnahmearten mit Anspruch auf Gemeinschaftsförderung eingeführt.
- Besonders für den ESF gab es eine grundlegende Änderung bei den Schwerpunktzielen: Die Definition der Ziele 1 und 2 blieb unverändert,
- Die Definition des Ziel 3 verband die früheren Ziele 3 und 4 (Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit und Integration von Jugendlichen) und beinhaltete ebenfalls zum ersten Mal das Ziel, die "Integration derjenigen zu erleichtern, die Gefahr laufen, vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen zu werden."
- Das neue Ziel 4 sollte die im 1992 geschlossenen Vertrag von Maastricht festgelegten neuen Aufgaben des ESF umsetzen: "Erleichterung der Anpassung der Arbeitskräfte an industriellen Wandel sowie Wandel der Produktionssysteme."
Der Grundsatz der Partnerschaft wurde verstärkt, so dass dieser zum ersten Mal auf alle "zuständigen Behörden und Gremien, einschließlich (...) der Wirtschafts- und Sozialpartner" ausgedehnt werden konnte. Für den ESF gab es außerdem bedeutende Änderungen beim Einsatzbereich des Fonds, wobei die ESF-Zuschussfähigkeit und Maßnahmen auf folgende Bereiche ausgeweitet wurden:
- Ausbildungsmaßnahmen in Ziel 1-Gebieten
- Unterrichtsmaßnahmen in Ziel 1, 2 und 5b-Gebieten
- Forschung und Entwicklung in Ziel 1, 2 und 5b-Gebieten
Neuerungen im Fondsmanagement
Beim Fondsmanagement wurden zum ersten Mal eine Reihe von Elementen eingeführt, die auch heute noch einen zentralen Bestandteil der Arbeit der Strukturfonds darstellen: einheitliche Programmdokumente, indikative Finanztabellen und die Bewertung der Umweltauswirkungen. Die Verordnungen von 1993 trafen auch eine viel klarere Unterscheidung zwischen den drei Stufen der Prüfung und Durchführung der Fonds:
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Einschätzung - heute bekannt als ex-ante Bewertung. Die Verordnungen sahen vor, dass "Förderung gewährt wird, wenn nach der Einschätzung mittelfristig wirtschaftliche und soziale Vorteile zu erwarten sind, die den eingesetzten Mitteln entsprechen."
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Überwachung - im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip wurde die Rolle der Überwachungsausschüsse verstärkt und ihre Befugnisse ausgeweitet.
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Bewertung - ex-post Bewertung wurde mit der vorherigen Einschätzung insoweit verknüpft, als in ihrem Rahmen entweder eine Verifizierung stattfand, ob das ursprüngliche Ziel erreicht wurde oder ob etwaige Abweichungen feststellbar waren.
Die Gemeinschaftsinitiativen
Im Förderzeitraum 1994-1999 wurden auch zwei spezifische Gemeinschaftsinitiativen eingeführt, um transnationale Projekte im Bereich der Entwicklung von innovativen Ansätzen für die im Rahmen des ESF finanzierten Themen zu unterstützen:
- Die Initiative "Beschäftigung", die thematische Bereiche wie NOW, HORIZON und YOUTHSTART (Berufliche Qualifizierung und Eingliederung von arbeitslosen Jugendlichen unter 20 Jahren) umfasste
- Die Initiative ADAPT zur Ergänzung des neuen Ziels 4 (Erleichterung der Anpassung der Arbeitskräfte an den industriellen Wandel sowie Wandel der Produktionssysteme), die später ausgeweitet wurde, um auch Aspekte der Informationsgesellschaft einzubeziehen
Ein Sonderprogramm für den Frieden und die Versöhnung in Nordirland wurde für die Förderperiode ebenfalls bewilligt. Mit der dritten Erweiterung der Gemeinschaft um Österreich, Schweden und Finnland 1995, wurden auch zwei neue Fördertöpfe geschaffen:
- Der Kohäsionsfonds und
- das Finanzierungsinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF).
Der ESF in den neuen Bundesländern
Die neuen Bundesländer und Ost-Berlin wurden für den Zeitraum 1994-1999 als Ziel-1-Region (Entwicklung der rückständigen Regionen) eingestuft und erhielten damit die höchste Förderpriorität der EU. Im neuen Förderkonzept wurden unter anderem folgende Schwerpunkte festgelegt:
- Maßnahmen zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen
- Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Förderung des Arbeitskräftepotenzials, der beruflichen Aus -und Weiterbildung und der Beschäftigung
Evaluierung von operationellen Tätigkeiten
Für die Förderperiode 1994-1999 war vorgesehen, die operationellen Tätigkeiten zu bewerten und gegebenenfalls zu ändern. Nach Ablauf der Hälfte des Programmplanungszeitraumes wurde 1997 eine Halbzeitbewertung durchgeführt. Aus dieser ging hervor, dass der Schwerpunkt der Förderprogramme für die ärmeren Regionen (Ziel 1) auf der Gruppe der seit kurzer Zeit arbeitslosen oder qualifizierten Jugendlichen lag. Der Evaluierungsbericht schlug vor, dass mehr unternommen werden sollte, um den benachteiligten Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen gezielt zu helfen.
Festgestellt wurde ferner, dass die ESF-Programme in den Regionen des Ziels 1 als Katalysator für die Modernisierung der Arbeitsmarktpolitik begriffen wurden. Programme, die die Bildungssysteme stärken sollten, hatten sich als besonders nützlich erwiesen.
Bei der Förderung im Rahmen des Ziels 3 zeigte sich, dass sich die Mehrzahl der Initiativen auf Weiterbildungsprogramme bezog, die vor allem auf Jugendliche abzielten. Infolgedessen wurden die Programme angepasst, um zusätzliche Unterstützung für Langzeitarbeitslose, behinderte Menschen und andere Personen zu gewähren, die Schwierigkeiten bei der Eingliederung auf den Arbeitsmarkt haben.